In El Dorado gibt es so ziemlich jede Schweinerei.
So also auch den Abmahnungs-Scam.
Auch das, wie alles hier auf dieser Seite, eine gesicherte Information, einem guten Bekannten ist das nämlich passiert:
Da trudelt plötzlich ein Einschreiben oder ein niedergelegtes Schriftstück ein, irgendsowas Offizielles mit Briefkopf von einer Kanzlei, ein dicker Umschlag mit viel Papier für ein richtig dickes Ding.
Er schädige nämlich mit seinen Plattenverkäufen eine ehrenwehrte GmbH, weil er als Privatverkäufer im Gegensatz zu der Firma keine Steuern zahle, und sich daher also einen unlauteren Wettbewerbsvorteil erschlichen habe. Er solle deshalb mal eben kurz eine lebenslange Unterlassungserklärung zeichnen und einen Tausi überweisen. Damit wäre die Sache dann aus der Welt. Sonst, aber wehe!
Und um's zu verdeutlichen, was ihm dann so alles blüht, gleich mal ein paar Urteile in Auszügen dabei. Und ganz viele Seiten Papier mit seinen unendlich vielen Angeboten bei Ebay.
Wenn man dann googelt, also ich glaube, dass alles, was Sie da zu lesen bekommen, die ehrenwerten Kanzleien, die Ihnen da gleich kostenlose Beratung anbieten, und gleichzeitig aber erklären, dass die Frage, ob gewerblich oder nicht, nicht daran zu entscheiden ist, ob eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt, also, das ist alles Teil des Scams. Wer sich an die wendet, ist schon in die Falle getappt, hat seine Daten preisgegeben und hat die Schlinge selbst zugezogen.
Mein bekannter hat eine Rechtsschutzversicherung. Und bei sowas, kann Sie jeder Feld-Wald-und-Wiesen-Anwalt vertreten, da braucht es keinen Fachwanwalt. Also insofern Sie nicht Zigtausende Platten verkauft haben vielleicht.
Mein Bekannter hat sich jedenfalls nicht ins Bockshorn jagen lassen und denen freundlich geschrieben, dass es bei einem Vinylsammler völlig normal ist, wie bei jedem Sammler, dass sich über die Jahrzehnte Schallplatten anhäufen. Man kauft Sammlungen, natürlich. Man bekommt Sammlungen geschenkt, natürlich, man grabbelt auf Flohmärkten in Kisten auf der Suche nach Upgrades, Unbekanntem und, natürlich, der Blauen Mauritius. Und irgendwann hat man dann Gängiges fünffach. Und vieles, das man nicht hört und das im Keller verstaubt. Und das verkauft man dann also.
Nebenbei hat er noch freundlich darauf hingewiesen, dass er doch leider gar keine Angebote der GmbH habe finden können. Wo und wie die denn eigentlich so ihre Platten verkaufen würden?
Und dass er überdies dem Grundsatz nach -selbst wenn seine Verkäufe als gewerblich einzustufen wären und die GmbH tatsächlich mit Vinylschallplatten handele- er die angebliche Geschäftsschädigung dennoch für unbegründet halte, denn um das Geschäft zu schädigen, müsste dann gezeigt werden, dass die Firma die gleichen Platten verkauft, schließlich ginge es hier ja nicht um Säcke Zement sondern um einzelne Artikel, oft Einzelstücke von historischem Wert. Ansonsten wäre das dann wohl eher Sache der Steuer, aber sein Steuerberater habe ihm doch versichert, dass er natürlich Teile seiner Plattensammlung veräußern dürfe, ohne dass dies steuerrechtlich Relevanz besitze.
Eine Argumentation, die man sich ohnehin mal merken sollte, angesichts der (hier standen ein paar gestrichene, sehr unflätige Worte) Neuregelung des privaten Internethandels, wo Sie seit Beginn 2023 automatisch an die Steuerbehörden gemeldet werden, wenn Sie mehr als dreißig Artikel im Jahr verkaufen oder den Gesamtbetrag von 2.000 Euro überschreiten.
Ja, gehört hat der gute Bekannte dann also nichts mehr.
Gespart für die zweite Runde hatte er sich übrigens noch mitzuteilen, dass er eine Strafanzeige, nein zwei, gegen die Kanzlei erwäge, einmal wegen kommerzieller Abmahnung, was illegal ist, wie seine Recherche ergab und zum anderen wegen Nötigung, schließlich wurde er genötigt zu reagieren.
Da er wie gesagt rechtsschutzversichert ist, war er fast ein bisschen traurig, dass es nicht mehr so weit gekommen ist. Und wir dürfen frohen Mutes vermuten, warum nicht.
Wir sind ja ein Verbund von Vinylfreaks, und wir führen sowohl von Anbietern als auch von Käufern schwarze Listen.
Und da wird's jetzt richtig spannend, weil man ja zunächst denkt, diese Sausäcke wären quasi offiziell über Ebay an die Adresse meines Bekannten gelangt.
Weit gefehlt!
Ein anderer Bekannter hat nämlich daraufhin ein neues Account eröffnet und von dort aus ausschließlich mit falschem Namen und falscher Adresse verschickt. (Auf der Ebay-Seite war das Konto natürlich korrekt angemeldet mit seinem Klarnamen usw.) Spasshalber hat er bei einem Verwandten noch an den Briefkasten den Hoaxnamen geklebt.
Glauben Sie's?
Ja, ernsthaft, da ging dann also eine Abmahnung hin, an einen Typen, den es gar nicht gibt. So kommen die nämlich an Adressen, und nur so, indem die etwas bei Ihnen bestellen. Und es vielleicht sogar erstmal zurücksenden, um die Adresse zu sichern.
Namen abgepiddelt, Schreiben weggeworfen, fertig. Sollte tatsächlich noch ein zweites Schreiben gesendet worden sein, der Brieftäger dürfte es nicht eingeworfen haben.
Verstehen Sie?
Es gibt meines Wissens nach kein Gesetz, das bestimmt, dass Sie einen richtigen Absender auf ihre Postsendungen schreiben müssten. Im Gegenteil, im Zeitalter des Datenklaus und der Datenschindluderei bietet sich auch in völlig lauterer Absicht an, genau das eben nicht zu tun.
Ich jedenfalls empfehle das Versenden mit falschem Namen und mit falscher Adresse.
Wenn jemand eine Platte zurückschicken will, das kommt ja vor und auch da gibt es diverse Scams, dann kann der die an diesen Namen zurücksenden. Das lässt sich dann ja problemlos umleiten in einen Automaten oder einen Shop. Und, hier ist's ein bisschen hakelig, also rein juratheoretisch, stellt man sich auf seinen richtigen Namen dann einfach eine Abholgenehmigung aus, geht mit seinem Perso hin und holt das ab. Wo kein Kläger, da kein Richter, nicht wahr?
So leicht geht das jdenfalls, sagt mein Bekannter, denn ebenso wenig, wie diese Haifische von Ebay eine Adresse bekommen, bekommen die eine Adresse mal so eben von einem Versandunternehmen. Dafür braucht es einen richterlichen Beschluss, und eben dafür braucht es eine solide Grundlage. Die hat dieser Bockmist aber offenkundig nicht.
An der Sache mit der Steuer kommt man so elegant natürlich nicht vorbei.
Wir leben ja mitten im Feudalismus, also steuerrechtlich, und diese Behörde kann so ziemlich alles machen und so ziemlich alles veranlassen. Enthauptungen glaube ich nicht mehr und die hübsche Tochter statt dem Zehnten glaube ich auch nicht mehr. Aber sonst schon so in etwa.
Aber wie und wieso bei einigen hundert Platten diese überlastete Behörde überhaupt je tätig werden sollte, mir erschliesst sich das nicht. Der Privatverkauf von Sammlungsteilen ist ja wie oben dargelegt weder gewerblich noch steurrechtlich relevant.
Haben Sie das hier vielleicht mit Gewinn gelesen?
Dann empfehlen Sie mich doch einfach weiter. Ich schreibe das ja, damit es gelesen wird.
vinylfreak
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