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IRRE KÄUFER & ANDERE SCAMS

Updated: Jan 10

Hier ein paar Scams und sonstige Geschichten aus dem Leben eines Vinylrecyclers.

Mir sind bisher drei richtige Betrügereien begegntet. Wenn Sie Platten kaufen oder verkaufen wollen, dann sollten Sie die vielleicht besser kennen.

Ansonsten, ich bleibe trotz allem dabei, die Personengruppe Vinylfreunde ist im Durchschnitt netter und hat mehr Stil als der gemeine Durchschnitt.


Was aber leider keineswegs bedeutet, dass man es nicht mitunter mit echten Irren zu tun hat. Fangen wir zur allgemeinen Erheiterung doch damit einmal an:


Der gute Stefan Heck aus Bergisch Gladbach hat mir das freundlicherweise vor ein paar Tagen eigens zukommen lassen. Das war insofern ein Glücksfall, als dass ich die anderen skurrilen Kontakte nie abgespeichert habe, die Idee zu dieser Webseite gab es da noch nicht. Und der Stefan liefert uns hier netterweise einfach ein sehr schönes Beispiel.

Sein liebenswerter Wutausbruch hatte übrigens keinerlei Vorlauf, diese Nachricht erhielt ich aus dem Off.


Was ich verbrochen hatte?

Schlimmstes! Und zwar hatte ich zum Festpreis bei Kleinanzeigen mehrere Bootlegs eingestellt. (Bei Ebay wurden die leider sofort gelöscht, anscheinend ist auch ein dreißig Jahre alter Bootleg illegal, bei Diss-Cocks übrigens leider auch.)

Es gibt für die Scheiben also keinen Preis, den man ermitteln könnte. Ich habe deshalb das angesetzt, was ich selbst bereit wäre, dafür zu bezahlen.

Und wurde dann überhäuft mit Nachrichten, von Stil und Form etwa "isch geb' dir zehn, gut!" Oder eben irgendeinem Gewäsch so Richtung die siebenköpfige Familie ernähren müssen und ob ich nicht die Platte für weniger abgeben möchte für die nette Studenten-WG die abends am Lagerfeuer Schallplatten hört.

Da habe ich mir dann erlaubt, folgendes in den Anzeigen zu ergänzen:


"Und, nein, ich verkaufe die nicht billiger, auch nicht, wenn Sie eine kranke Schwiegermutter zu versorgen haben und sich diese Platte ja schon immer gewünscht haben ...

Das ist etwas für Liebhaber, und die Scheibe kann auch einfach hier bleiben bis sich jemand findet."


Was für ein Verbrechen!

Auch auf sowas eher Irres wie den Stefan Heck muss man also gefasst sein, dass einen jemand aus heiterem Himmel ein Arschloch nennt. Nur schreiben Sie ihm jetzt bitte nicht, dass er ein Vollidiot ist.


Jetzt aber dann doch mal zu den eher ernsteren Dingen, den echten Scams:


1. Die günstige Plattensammlung

Da findet man also bei Kleinanzeigen die Sammlung! Und das zu dem Preis!

Der Verkäufer antwortet auch, dass man die gern haben kann. Nur kann man sie leider nicht direkt abholen, weil er leider die nächsten zwei Tage nicht zu hause ist.

Das Angebot ist spitze, man kennt den Markt, der wird hunderte Angebote bekommen, mitunter sogar weit über seinem Preis liegend. Also fragt man, ob man nicht vielleicht etwas anzahlen könne. Klar, Paypal-Freunde, 100 Euro und die Platten sind deins.


Jetzt ist man ja doch schon ein bisschen klug. Man teilt also mit, dass man eher nicht gewillt ist, einem Fremden ohne Gegenleistung eine Paypal-Überweiung zukommen zu lassen.

Der Verkäufer versteht das natürlich sofort, entschuldigt sich gar, und schickt unaufgefordert das Foto seines Personalausweises. Der Ort stimmt mit dem Ort der Platten überein, die Emailadresse des Paypalkontos lautet auf den gleichen Namen. Das Kleinanzeigen-Profil gibt es seit fast drei Jahren.

Alles in Butter, scheint es.


Dann hatte ich einfach ein bisschen Glück:

Ich habe den Mensch, dessen Perso mir da ungefragt übermittelt wurde, nämlich mal gegoogelt. Da musste ich ein bisschen hin und her jonglieren, bis ich rausgefunden hatte, rein zufällig gibt es im Nachbarort einen Friseursalon mit genau diesem Namen als Inhaber.

Da habe ich also dann ausnahmsweise mal einen Friseur angangerufen und der netten Dame erklärt, dass ich dringend den Chef sprechen müsse.

Ob er Platten verkaufe, frage ich ihn. "Nein, nicht schon wieder!" ruft der als erstes aus ...


Das Fazit ist wohl recht offensichtlich:

Irgendwann hatte der Mensch mal seinen Perso als Foto irgendwo an irgendwen weitergegeben. Es liefen bereits mehrere Strafanzeigen gegen ihn, erfuhr ich bald.

Ich war übrigens der erste, der ihn ausfindig gemacht hat, was den armen Kerl zu Beginn des Telefonats einigermaßen paranoid gemacht hat ...

Also, Perso im Netz weitergeben, keine besonders kluge Idee.


Dieser Scam ist dabei offenbar von langer Hand vorbereitet:

Schon bald gab es eine weitere solche Sammlung, der Vorgang exakt nach dem gleichen Schema. In dem Fall halt mit einem ausländischen Pass samt Meldebescheinigung. Dort wohnte der Mensch allerdings schön länger nicht mehr, das war unschwer herauszufinden.

Und beide Kleinanzeigen-Profile waren eben schon ein paar Jahre alt.


Wahrscheinlich lohnt sich das, es kostet ja auch nichts.

So eine Sammlung hat in drei Tagen 500 Klicks. Hätte ich nicht zufällig den Typen ausfindig gemacht, ich hätte womöglich die hundert Euro auch bezahlt. Einfach zu gut, um es nicht zu riskieren.

Sagen wir, einhundert Menschen machen das ..., da kommt doch richtig was zusammen.


Ich habe danach eine zeitlang selbst eine solch' sagenhaft günstige Sammlung inseriert und im Text dann entsprechend vor dem Scam gewarnt.

Die recht vielen Reaktionen singen ein Lied davon, wie viele Leute auf so einen Scam bereits hereingefallen sind. Ich habe auch einige Dankesmeldungen bekommen. Und eher irre Nachrichten natürlich auch.


2. Der Seamsplit-Scam

Sagen wir's mal so:

Hier fehlt mir der letztendliche Beweis. Aber in einer Welt, wo man in Köln innerhalb von zehn Minuten drei Männer mit gebügeltem Hemd am Papierkorb nach Leergut suchen sieht, ist es halt auch nicht völlig abwegig.

Ich bin jedenfalls überzeugt davon, dass Leute Schallplatten mit einem Seamsplit besitzen und dann die gleiche Platte nochmals kaufen, um dann den angeblich beim Transport entstandenen Seamsplit zu monieren.


Das Muster, das mir da begegnet ist, war jeweils gleich:

Vor dem Kauf ganz besorgt nachgefragt, ob ich denn auch wirklich transportsicher verpacke. Bei meinem Profil zumindest eine recht überflüssige Angelegenheit, finde ich. Ein kurzer Blick in die Bewertungen sollte da doch völlig ausreichen.

Die zwei ach so besorgten Anfragen waren ausgesprochen nett und mit ein bisschen Smalltalk gespickt, die Herstellung eines gemeinsamen Kontextes sozusagen, wir sind ja schließlich alle Vinylfreaks. Und nur bei diesen beiden Käufen gab es dann einen Seamsplit.

Bei der Art, wie ich verpacke und angesichts der locker über 1.000 verkauften Scheiben ohne jede Beanstandung zumindest doch ein recht merkwürdiger Zufall.

Die jüngste Anfrage dieser Art habe ich dann nach der zweiten Mail einfach gesperrt.

Da finde ich es bemerkenswert, dass auf die letzte Nachricht von mir, dass mir das zu kompliziert sei und er lieber woanders kaufen soll, dann überhaupt keine Reaktion mehr erfolgte.


Insbesondere weil diese Platte in diesem Zustand auf Ebay zu dem Zeitpunkt genau zwei Mal zu kaufen war: Meine für fünfundreißig Euro, die andere für siebzig ...

Künftig sperre ich solche Kandidaten also sofort.



3. Schrottplatten kaufen und teuer verticken

Ich hatte eine Birth Control "Operation" als Originalausgabe in NM. Übrigens eine geile Scheibe. An einer Stelle knackste die aber leider trotz mehrfachem Waschens einmal richtig laut. Zu sehen war nichts.

Da ich eine Verschmutzung vermutete, ging ich zu einem Freund, der eine Ultraschallmaschine besitzt und über eine Absaugung verfügt. Nach dem ersten Waschen kein Unterschied. Beim zweiten Waschen segelte die Platte runter und hatte auf dem letzten Lied einen ganz üblen Kratzer. Die Platte sprang, unrettbar kaputt.


Jetzt ist die halt recht wertig und ich habe die also als "Poor" reingesetzt mit der entsprechenden Beschreibung, für 5,90€. Ist halt eine historische Platte, vielleicht reicht das jemand ja so. Oder jemand sucht einfach nur das Cover, das war nämlich ebenfalls top.

Die Platte wurde schnell verkauft.

Ja, und ein paar Wochen später gab es die Platte dann bei Ebay Kleinanzeigen für siebzig Euro. Das Cover hatte eine Markierung, ein Irrtum ist ausgeschlossen.


Zu der Zeit gab es die Idee zu dieser Webseite noch nicht, deswegen fehlt leider die Dokumentation.

Ich habe danach immer mal wieder wertvolle Platten gehabt, die nicht liefen, zuletzt eine Doors "L.A. Woman" mit einem, dem besonders begehrten Gimmicks-Cover. Die Platte ist wie jede andere auch einfach in den Müll gewandert, das Cover hat sich meine Mitbewohnering aufgehängt.

Ich gebe grundsätzlich keine unbrauchbaren Platten mehr in den Umlauf. Das bin ich meiner Vinylfreak-Ehre schuldig.


3. Der Rückgabescam

Auch das ist mehrfach vorgekommen, und in dem Fall habe ich sogar ein klitzekleines bisschen Verständnis dafür:

Bei einer Platte wird moniert, dass sie springt. Die Platte läuft nach der Rücksendung aber einwandfrei, wird an jemand anderen verkauft und der Käufer beschwert sich nicht nur nicht sondern schreibt sogar eine positive Bewertung. Die Platte war also offenbar nicht defekt.


Jetzt muss man erstmal wissen, wenn Platten nicht stark verkratzt sind, dann sind springende Platten ausgesprochen selten.

Ich hatte in der Jugend eine einzige, und meine Scheiben waren Partyplatten. Bei der springenden Scheibe lag's allerdings am schlechten Vinyl. Bei den sicher weit über zweitausend Stück, die ich mittlerweile hier gewaschen und gehört habe, waren vielleicht drei oder vier dabei, allesamt schon optisch in fragwürdigem Zustand.

Dass dann Platten springen, die brauchbar aussehen, hier auf drei Drehern laufen und zur Sicherheit nochmal bei einem Freund getestet wurden, es ist einfach extrem unwahrscheinlich.


Natürlich kann das auch am Abspielgerät liegen oder an einer falschen Einstellung, beispielsweise des Auflagegewichtes. Oder die Matte ist nicht mehr original, beispielsweise ist sie zu dünn, so dass die ganze Mechanik nicht mehr im richtigen Winkel aufliegt. (Vorsicht vor den angeblich antistatischen "Korkmatten"!)

Manchmal bleibt es auch unerklärlich. Etwa wie bei einem Uhrwerk, das eigentlich laufen müsste, aber dann bei aufgezogener Feder nach ein paar Stunden wieder stehenbleibt. Plattenspieler sind schließlich auch Feinmechanik. Eine wirklich merkwürdige Begebenheit mit unseren Plattenspielern finden Sie übrigens hier geschildert.


Aber, warum sollte das gemacht werden, eine Platte als springend zurücksenden, die einwandfrei läuft? Und wieso sollte ausgerechnet ich dafür auch noch ein gewisses Verständnis haben?


Einmal ist es sicher ein monetärer Aspekt:

Wenn ich eine Platte zurücksenden will und aber nicht auf den Portokosten sitzen bleiben, dann ist das schwierig durchzusetzen, wenn ich nur geltend mache, dass die Platte nicht den beschriebenen Zustand hat. Darüber kann man streiten. Behaupte ich aber, dass die Platte springt, dann besitzt sie nicht die zugesicherten Eigenschaften und der Schwarze Peter (ist das jetzt rassistisch oder nicht?) ist beim Verkäufer.

Man darf ja nicht vergessen, obwohl natürlich alle Bewertungssysteme zwingend das Hören einer Platte vorschreiben, aber letztendlich macht das ja so gut wie niemand. Da fühlt sich der Verkäufer also quasi automatisch schuldig, und zwar zu Recht.

Interessant in diesem Kontext vielleicht auch, dass dies ausschließlich bei billigen Platten vorgekommen ist. Da ist es ja obendrein sehr wahrscheinlich, dass der schuldbewusste Verkäufer einfach den Kaufpreis erstattet, statt bei einer Acht-Euro-Platte fünf Euro für den Rückversand zu berappen.


Der andere Grund ist eine Art der Konfliktvermeidung:

Was ich mir schon anhören musste, wenn ich mal wieder eine hoffnungslos überbewertete Platte moniert habe, es gibt nicht nur irre Käufer. Das spart man sich einfach, wenn man nicht die Bewertung bemängelt, sondern einfach behauptet, dass die Platte nicht spielt. Genau dafür habe ich ein gewisses Verständnis, und es hat auch tatsächlich mal kurz gezuckt, ob ich's nicht einfach auch so machen will.


Kurzum, ich bin fest davon überzeugt, dass mir Platten als springend zurückgesendet wurden, die auch beim Käufer einwandfrei spielten.

Wenn jemand moniert, dass eine Platte springt, nehme ich die deshalb sofort auf meine Kosten zurück, auch wenn es eine Fünf-Euro-Platte ist. Aus Prinzip.


4. Der Austauschscam

Das gab es schon in meiner Jugend: Man hat eine Platte, die neu aussieht, aber durch ein Missgeschick einen bösen Kratzer hat. Die kauft man einfach im Laden nochmal neu nach, taucht dann mit Kassenbon erbost dort wieder auf und tauscht die Kaputte um.


Dass das gelaufen ist, kein Zweifel. Nicht umsonst sind die Händler in den späten Achtzigern dazu übergegangen, die Innenhüllen zu versiegeln und auszuschreiben, dass nur versiegelte Platten umgetauscht werden können. Später mit der Plastiklawine wurden die Platten dann komplett eingeschweisst. Seit man das zu hause selber machen kann, befindet sich auf der Folie neuer Ausgaben heutzutage gewöhnlich zusätzlich noch ein Sticker ... nicht zufällig oft genug mit einem Hologramm. Es gibt schließlich gefälschte Schallplatten.


Wenn man hochpreisige gebrauchte Platten verkauft, dann muss man also mit diesem Austauschtrick rechnen.

Mir ist das einmal passiert, dass eine Platte, die ich als NM bewertet hatte, zurückkam und die war aber sowas von völlig verranzt. Ganz sicher war es nicht die, die ich verschickt hatte. Nur fehlte eben der Beweis.

Seitdem markiere ich bei teureren Platten die Label mit einem kleinen Bleistiftpunkt und mache davon ein Belegfoto.

Und hoffe, dass ich das nie brauchen werde, da wäre ja eine Anzeige wegen Betruges fällig. Aber gut anfühlen tut sich das: mir sendet niemand ungestraft seinen Schrott zurück. Und über den Punkt auf dem Label hat sich noch nie jemand beklagt. Punkt.


5. Die Bewertungserpressung

Das überlappt etwas mit dem oben schon beschriebenen Umtauschscam:

Man merkt es zwischen den Zeilen, wenn man hier nicht eine Teilerstattung gewährt, gibt es eine schlechte Bewertung.


Manchmal ist die Beschwerde geradezu absurd, als wären die Nachrichten tatsächlich nur copy&paste:

Da wurde bei mir einmal bemängelt, dass die Platte "außerdem total verdreckt" sei.

Ich mache bestimmt mal eine ungenaue Bewertung. Aber keine Platte verlässt dieses Haus, ohne gewaschen zu sein. Nur deswegen kam ich also überhaupt drauf, dass es vielleicht auch hier professionelles Scaming geben könnte.

Ich habe mich also entschuldigt und gesagt, dass ich die Platte natürlich gern auf meine Kosten zurücknehme. Die Dame sollte dazu den Rückgabeprozess von Ebay nutzen. Ich erhielt daraufhin die Nachricht, dass sie das nur für einen Freund gekauft hätte, die Platte selbst nie gesehen und auch keine Ahnung von Platten habe. Und der Freund habe sich geirrt.


Interessant dürfte sein, dass ich also seitdem meine Politik geändert habe. Ein Freund von mir verfährt bei solchen Beschwerden ebenso: wir bieten sofort Rücksendung auf unsere Kosten an. Nur über das System. Preisnachlass gibt es nicht.

Wie schon oben geschildert bauen diese Scamer nämlich auf das schlechte Gewissen der Verkäufer, die ihre Platten zumeist ja gar nicht Probehören. Die machen dann also Teilerstattungen oder senden ein Rücksendeetikett außerhalb von Ebay, man hat ja angst vor dem Verlust des Rankings. Ebay merkt sich nämlich Rücksendungen, die wegen unzutreffender Beschreibung ausgelöst werden. Und bloß keine schlechte Bewertung bei all den 100%-positiv-Profilen. (Wieso der schöne Schein trügt, steht hier.)

Und siehe da, man hört nie wieder etwas von denen. Wir haben nicht eine einzige Platte zurückgeschickt bekommen!

Tja, reverse psychology sozusagen, anscheinend wissen diese Scamer auch, dass der allmächtige Algorithmus auch bei ihnen mitzählt, und vermeiden deshalb zu viele Rücksendungen wie der Teufel das Weihwasser.


Fazit:

Sich nicht ins Bockshorn jagen lassen, keine Teilerstattung anbieten, Rücksendekosten übernehmen.

Und jeden melden, der dann keine Rücksendung auslöst. Das interessiert nämlich den Algorithmus von Ebay genauso.


6. Der "Ups"-Überbewertungsscam

Der liegt zwar auf der Verkäuferseite, aber bei Diss-cocks ist das so schön regelmäßig, dass es dringend der Erwähnung bedarf:


Man bestellt eine NM-Platte oder eine der begehrteren Ausgaben.

Dann kommt die Nachricht "ups, gerade gesehen, ist doch nur VG+ / ist doch die andere Ausgabe". Man kann den Kauf dann natürlich stornieren oder für einen entsprechend geringeren Preis kaufen, das bietet der Verkäufer dann nämlich an.

Auf diese Weise werden also Platten ins Rampenlicht gerückt, die sonst in einer dunklen Ecke versauert und gar nicht verkauft worden wären.

Und, um es zu unterstreichen, das machen auch Profis mit richtigen, alteingesessenen Ladengeschäften. Wobei der nette Herr nach meiner Bewertung, in der ich ausdrücklich darauf hinweise, dass ich von einem Profi anderes erwarte, bei Discocks die Erwähnung seines Ladengeschäftes gestrichen hat. Dass das darauf hindeutet, dass er sich bessern will: ich wage es mal vorsichtig zu bezweifeln.


Ich lasse in solchen Fällen gewöhnlich den Verkäufer abbrechen wegen "nicht lieferbar". Der kann mich dann nicht bewerten, aber ich ihn.

El Dorado hört nämlich nur und genau nur dann auf, wenn genug Leute diesen Quatsch nicht mehr, meist aus Bequemlichkeit oder eben, weil man das Scam-Muster, die Methodik nicht erkennt, einfach nur hinnehmen.


7. "Presumed Mint"

Gestehen Sie mir bitte mein Nerd-Tum zu, ich wollte einmal eine originalverpackte, fünfzig Jahre alte Platte auspacken.


Jetzt kann heute ja jeder einfach eine Platte wieder einschweißen.

Ich habe bei solchen Angeboten mehrfach angefragt, wie sichergestellt ist, dass es tatsächlich die originale Einschweißung ist bzw. wie zu verfahren ist, wenn sich rausstellt, dass die Platte nicht ungespielt ist, und keine Antwort erhalten.


Dann schrieb mir jemand für die Charisma, er nehme die zurück oder würde den halben Preis erstatten.

Nachdem ich gekauft und ihm geschrieben hatte, wie sehr ich mich auf das Video freue, dass wir beim Öffnen erstellen werden, erhielt ich, etwa so, wie im "Ups-Bewertungsscam" die Nachricht, ups, die Folie sei doch schon geöffnet. Sowas aber auch, ein Videobeweis ...

Er könne die Scheibe aber von einem "Kooperationspartner" aus den USA zum gleichen Preis beziehen, garantiert originalverpackt. Ich bot an, die Scheibe direkt an mich zu senden, um Porto zu sparen.


Der "Kooperationspartner" legte der Platte dann seine Flyer bei, sodass sich einwandfrei identifizieren ließ, dass einfach die andere zu dem Zeitpunkt bei Disscocks als "mint" angebotene Platte, "presumed mint", bestellt worden war. Sie ahnen es, einer der Kandidaten, der auf meine Anfrage nicht geantwortet hatte.


Den Rest können Sie sich schon denken: Die Platte war in einem guten Zustand, optisch und akustisch NM- in meinem System. Sie hatte allerdings einen deutlichen Höhenschlag. Womit Sie auch bei Discogs bzw. dem Goldmine Standard nur noch als VG+ verkauft werden dürfte ...

Klar habe ich eine Teilerstattung gefordert und bekommen. Ich habe die Pfeife nichtmal negativ bewertet, stattdessen habe ich ihn in ein philosophisches Gespräch verwickelt. Vielleicht regt sich ja irgendwo ein Rest Anstand. Mir brachte das mit seiner Bewertung sozusagen einen Titel ein: "Part sage, part philosopher, 100% muso and human being".

"Märtyrer" hätte mir noch gefehlt.


Für unseren Zusammenhang allerdings wichtiger als mein Vinylfreak-Stolz:

Natürlich werden Platten mit hervorragend erhaltenen Covern neu eingeschweisst und als "presumed mint" verkauft. Und natürlich antwortet der dubiose Anbieter nicht auf eine konkrete Nachfrage. Der versteckt sich bei einer Beschwerde eben einfach dahinter, dass er ja nicht behauptet hat, die Platte sei mint, und pusht so seine Scheibe nach vorn.


Zum Abschluss dann nochmal etwas zur Erheiterung:

Diese freundliche Nachricht bekam unlängst ein Vinylfreund von mir, der auch auf Ebay Platten verkauft.

Die gute "quadrat-wanze92" begibt sich mit ihrem Vorschlag dann doch eindeutig in den strafrechtlich relevanten Bereich. Hassrede nennt man das heutzutage wohl.


Mein Freund hat das mit etwas gutem Zureden dann doch tatsächlich an Ebay gemeldet.



Würden die tatsächlich irgendetwas unternehmen, dann müsste das Profil wohl zweifelsfrei gelöscht werden.

Wie bei dem netten Herrn Heck von Kleinanzeigen, dessen Profil noch immer aktiv ist, rechne ich auch hier mal vorsichtig nicht damit. Umsatz hat schließlich eindeutig den Vorrang vor Schutzrechten, schließlich leben wir im Kapital-is-Muss.


Verbrochen hatte der gute Mann, der jetzt also auf den elektro-ironischen Stuhl gehört, dass er bei Preisvorschlägen, die ihm grundsätzlich zu niedrig sind, das automatische Ablehnen eingestellt hat.

Nach dem zweiten Vorschlag konnte die hässliche, kleine, in der Gülle krauchende Quadratwanze deswegen keinen weiteren unsinnigen Vorschlag mehr schicken. Das hat sie offenbar aufgebracht ...

War aber ja auch eine wirklich seltene Platte. Mir vom Zustand leider knapp zu schlecht, sonst hätte ich die meinem Kumpel wohl abgequatscht. Geiler Sound, wie immer bei Krautrock aus dieser Zeit.

Die hat dann übrigens kurz darauf jemand anderes zum Vollpreis gekauft. Und ich mir eine spätere Pressung.

Klangtechinisch gleichwertig, überprüft mit der von mir empfohlenen Aufnahme per MD. Zum Unfug mit den Erstpressungen finden Sie hier etwas


Ich für meinen Teil habe Preisvorschläge jedenfalls einfach abgestellt.

Die Preise sind korrekt kalkuliert, die Cover gereinigt, die Platten gewaschen und immer absolut zuverlässig eingestuft ...

... wer da noch meint, fünf Euro rausschlagen zu müssen, der kann das dann sehr gern bei einem der vielen anderen zuverlässigen Händler versuchen. Die gibt es ja bekanntlich in El Dorado wie Sand in der Wüste. Und bei mir stehen die Platten sehr gut, egal wie lang. Das ist ja ein Hobby, dessen primäres Ziel die Entdeckung neuer Scheiben ist. Viele, wie beispielsweise die Gun und auch die Man aus dem Beispiel, die ich beide sehr liebe, hätte ich sonst wohl nie gefunden. Geld ist da völlig nebensächlich, es ist ein Dienst an der Vinylgemeinde.


Wenn Sie das gern gelesen haben, empfehlen Sie mich doch bitte einfach weiter, ich werde gern gelesen.

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