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Kein Gärtner rettet einen Baum

Kein Gärtner rettet einen Baum

Diese Geschichte ist nicht ganz so einfach zu erzählen. Vielleicht, weil sie insgesamt etwas länger gedauert hat. Genau genommen waren das ja sogar zwei Jahre. Da dauert das Erzählen dann auch länger. Aber so lange dann natürlich auch nicht.
Vielleicht ist es aber auch deswegen nicht so einfach, weil man gar nicht so genau weiß, ob der ältere Mann wirklich den Baum gerettet hat. Aber versucht hat er es, so viel ist sicher. Und er war dabei auch nicht allein.
Am Ende gab es jedenfalls einen Baum, dem es sichtbar besser ging. Und zufriedenere Nachbarn gab es, weil der Garten wieder viel schöner aussah. Es gab dann auch viel weniger Mücken im Sommer. Und vielleicht gibt es ja sogar wegen alledem bis heute das alte Haus, das sonst kurze Zeit später bei einem Sturm einfach kaputt gegangen wäre.
Genau wissen kann man das alles natürlich nicht. Aber ziemlich wahrscheinlich ist es schon.
 
Die Geschichte fängt damit an, dass der ältere Mann mit zwei viel jüngeren Freunden zusammen wohnen wollte. Das allein ist schon recht ungewöhnlich. Nicht so besonders oft wollen heute Freunde auch einfach immer zusammen wohnen. Und eigentlich nur ganz selten gibt es Freunde, die ganz unterschiedlich alt sind. Meistens sind die ja ungefähr gleich alt.
Aber, diese drei Freunde wollten das halt. Am besten in einem schönen Haus. So hatten sie sich das vorgestellt. Und hatten dann irgendwie großes Glück. Das ist nämlich gar nicht so einfach heutzutage. Meistens sind Häuser sehr teuer und zumindest von dem älteren Mann wissen wir ja schon, dass er viel Zeit und aber eben wenig Geld hatte. Es wollen ja viele Leute gern so ein Haus, ein Hausbesitzer kann einfach auswählen, wer ihm am liebsten ist. Da ist es dann natürlich selten, dass so ein Hausbesitzer ausgerechnet drei Leute auswählt, die irgendwie so ungewöhnlich sind wie unsere drei Freunde. Eine kleine Familie wäre da doch eigentlich viel wahrscheinlicher gewesen, Papa, Mama, Kind. Vielleicht sogar mit einem Hund oder einer Katze. Aber der Besitzer von dem alten Haus, das war eben auch ein ungewöhnlicher Mann. Und der war auch wirklich schon sehr alt, noch viel älter sogar als der Mann mit der Schallplattensammlung. Vielleicht war deswegen für ihn Geld auch nicht mehr so wichtig, wie es das für die meisten Menschen heute ja ist. Und der Jakob, der dann beim Baum geholfen hat, der hatte diesen noch viel älteren Mann ja auch auf eine ungewöhnliche Weise getroffen. Aber das ist jetzt wirklich erstmal eine ganz andere Geschichte.
 
Für uns ist wichtig zu wissen, dass es ein ungewöhnliches Haus war, in dem die drei durch Jakobs ungewöhnliches Treffen mit dem ebenfalls ungewöhnlichen, noch viel älteren Mann nun also zusammen wohnen konnten. Einmal war ungewöhnlich, dass der noch viel ältere Mann das Haus selbst gebaut hatte. Natürlich nicht alleine, sowas geht ja nicht. Da hatte er manchmal Hilfe wie unser älterer Mann viel später Hilfe hatte vom Jakob bei dem Baum. Aber der noch viel ältere Mann hatte wirklich viel selbst gemacht an dem Haus. Viele Sachen waren deswegen einfach besonders. Zum Beispiel gab es in dem Haus ein verstecktes Zimmer. Wirklich, das würdest Du bestimmt nicht finden, wenn Du nicht vorher schon wusstest, dass es da ist.
Aber nicht nur das Haus war besonders. Auch der Garten hatte so seine Besonderheiten. Das Haus lag nämlich recht weit oben an einem Hang. Da war also das Gelände so schräg. Und der noch viel ältere Mann, der Hausbesitzer, Hermann hieß der übrigens, also mit Vornamen, nicht Herr Mann, also der Hermann hatte da in dem Garten sowas wie einzelne Terrassen gebaut. Das kann man sich so ein bisschen so vorstellen wie ganz große, breite Treppenstufen. Das musste man so machen, hatte der Hermann gedacht, sonst würde ja das Wasser einfach der Schräge nach den Hang runter fließen. Dann könnte man da nicht gut schöne Blumen pflanzen, und Rasen mähen schon gar nicht. Dazu hatte der Hermann, der noch immer sehr groß und kräftig war, also für diese sehr breiten Treppenstufen, die Terrassen, hatte der Hermann richtig schöne alte Natursteine benutzt. Weil da, wo er sein Haus gebaut hatte, da hatte vorher nämlich eine alte verfallene Scheune gestanden. Und, das kannst Du heute manchmal auf Dörfern noch sehen, das Fundament davon, das ist der untere Teil, das war noch gebaut gewesen mit diesen Natursteinen, also welche von vor ganz ganz langer Zeit. Und der Hermann, dieser große und sehr alte Hausbesitzer, der mochte wie unser älterer Mann auch alte Sachen, die man noch benutzen konnte. Besonders solche, die heute einfach nicht mehr gemacht werden. Solche Steine macht heute einfach niemand mehr.
Deswegen hatte er in dem Haus auch eine große Werkstatt unten im Keller. Weil der einfach alles aufhob, von dem er dachte, dass man es irgendwann vielleicht doch noch einmal brauchen könnte. Alte Schrauben, rostige Nägel, schiefe Holzbretter, alles Mögliche stand da rum. Auch irgendwelche verstaubten Maschinen, von denen man nicht mehr so genau sagen konnte, wozu sie eigentlich mal gemacht waren und ob sie überhaupt noch funktionierten. Da sah es ganz unordentlich aus in der Werkstatt, wenn man sich nicht auskannte. Aber alles hatte seine Ordnung. Und wenn er etwas suchte, das er brauchen konnte, dann fand der Hermann es auch immer ganz schnell. Ungefähr so, wie mit dem versteckten Zimmer, er wusste ja, dass es da sein musste, also fand er es.
Und weil der Hermann eben auch diese schönen alten Steine nicht einfach wegwerfen wollte, hatte er sich das also ausgedacht mit den Terrassen im Garten und mit dem Springbrunnen und dem Wasserlauf zu dem kleinen Teich mit den schönen Seerosen. Der Garten war wirklich sehr ungewöhnlich. Sowas konnte man einfach nicht oft sehen. Vielleicht war es sogar einmalig. Und, natürlich, das war aber wirklich viel Arbeit gewesen, die ganzen Steine jeden einzeln an die richtigen Stellen bringen. Aber das hatte der Hermann ja gern gemacht. Ungefähr so wie unser älterer Mann, der hatte das mit den Platten ja auch gern gemacht. Das ist in etwa so, wie wenn jemand gern kocht. Das war ja dann eigentlich auch gar keine Arbeit. Und am Ende freute man sich, wenn es allen gut geschmeckt hatte.
Aber natürlich ist die Sache mit dem Hermann und wie er den Garten gemacht hat wirklich eine ganz andere Geschichte, das muss man schon sagen. Und die ist wirklich schon ganz lange her. So ganz genau weiß man das also alles gar nicht mehr, auch der Hermann nicht, wie das eigentlich genau gewesen ist. Der Hermann ist ja schon sehr alt und das Haus ist es deswegen eben auch.
 
Und die Bäume in dem Garten, die waren eben auch schon ganz schön alt.
Und die alte Werkstatt im Keller, die gab es übrigens tatsächlich auch noch. Obwohl der Hermann schon ganz lange nicht mehr in dem alten Haus gewohnt hatte. Der war irgendwann nämlich ausgezogen, nachdem seine Kinder groß geworden waren und schon lange nicht mehr dort wohnten, bei ihm und seiner Frau. Da war denen das Haus und der Garten irgendwann einfach zu groß geworden. Und dann stand das Haus deswegen also ganz lange leer. Und niemand kümmerte sich mehr um den schönen Garten mit seinen ungewöhnlichen Terrassen aus Natursteinen, dem kleinen Teich und den zwei großen Bäumen, die der Hermann vor ganz langer Zeit selbst gepflanzt hatte und von denen einer dann ja mit der Hilfe von Jakob von dem älteren Mann gerettet werden konnte.
 
Als nämlich die drei in das Haus ziehen wollten, da war der Garten völlig verwildert. So nennt man das, wenn sich lange niemand um einen Garten kümmert, das sieht dann einfach nicht mehr schön aus. Alles war überwuchert von Efeu. Die ganzen Terrassen, man konnte die gar nicht mehr genau erkennen, und natürlich konnte man die alten Steine auch nicht mehr sehen. Auch weil überall ganz viel Laub rumlag. Richtig viel. Die beiden Bäume, das waren nämlich Laubbäume. Das sind die, wo im Herbst die Blätter abfallen. Das ist bei den Nadelbäumen anders. Da bleiben ja die Nadeln im Winter dran, deswegen geht das überhaupt mit den Weihnachtsbäumen. Normalerweise werden die Blätter von den Nadelbäumen erst gelb, bevor sie abfallen. Die Nadeln bleiben einfach grün.
Aber, das kann man sich ja irgendwie schon ein bisschen denken, die beiden Bäume in dem Garten, die waren eben auch so ungewöhnlich wie das Haus mit dem versteckten Zimmer und der Werkstatt. Was wieder mit dem ungewöhnlichen Hausbesitzer zu tun hatte, dem Hermann, das wissen wir ja schon. Bei diesen beiden Bäumen wurden die Blätter nämlich nicht gelb bevor sie abfielen, sondern dunkelrot. Weswegen der Baum, der gerettet werden musste, als Rotbuche bezeichnet wurde. Der andere Baum hieß anders.
Eine Buche, das hat übrigens nichts mit einem Buch zu tun wie mit diesem, wo diese Geschichte drinsteht, obwohl man das vielleicht denken würde. Aber das ist einfach ein Name für eine bestimmte Art von Baum. So wie Tannenbaum zu Weihnachten. Jede Baumart hat einfach einen eigenen Namen. So wie auf jeder Schallplatte das runde Label drauf ist mit dem Namen der Platte. Und wie jedes Kind ja auch einen eigenen Namen hat. Damit man die unterscheiden kann, das ist ja irgendwie logisch.
Und die Bäume, die Buchen heißen, die sind also eigentlich wie andere Laubbäume, die Blätter werden im Herbst gelb und fallen dann ab und werden braun. Und dann gibt es aber eben diese besondere Art, die hier in dem Garten steht, die Rotbuche, wo die Blätter rot werden, dunkel rot, so richtig leuchtend. Die gibt es weniger als die normalen Buchen. Und dass eine Rotbuche in einem Garten steht, das ist eher selten. Und noch seltener, dass sie dann in einem Garten so groß wird wie diese hier geworden war. Das passiert eigentlich nie. Weil eigentlich werden die nämlich jedes Jahr beschnitten. Die Krone, also das oben mit den ganzen Ästen wo die Blätter dran sind, das macht man jedes Jahr einfach wieder kleiner, weil das wächst ja. Je älter der Baum wird, umso dicker wird dann der Stamm, aber oben die Krone bleibt dadurch eigentlich gleich. Das passt besser zum Garten. Vor allem, weil sonst so unglaublich viel Laub abfällt im Herbst, dass man am Ende gar nicht mehr weiß wohin damit. Das ist ja in einem Garten anders als im Wald, man muss das irgendwie immer wegmachen. Sonst wachsen keine Blumen mehr und der Rasen auch nicht. Es gibt aber noch einen Grund. Wenn so ein Baum sehr groß wird, da kann mal ein Ast abbrechen und runterfallen. Vor allem bei viel Wind. Im Wald ist das meistens nicht so schlimm, da ist ja bei viel Wind normalerweise keiner. Aber in einem Garten, wenn der Baum sehr groß ist, da kann so ein Ast auf das Dach fallen. Das ist dann nicht so gut, weil wenn das Dach kaputt ist, dann kann es da ja reinregnen.
 
Hier in dem Garten, die Rotbuche vom Hermann, die war so groß, die konnte man nicht mehr beschneiden. Da oben konnte man gar nicht mehr drankommen. Auch nicht mit einer ganz speziellen Säge an einer sher langen Stange. Nein, der Baum war dafür einfach viel zu groß geworden, weil das Haus so lange leer gestanden hatte.
Und die drei Freunde, einer davon unser älterer Mann und ein anderer der viel jüngere Jakob, das war so ein ganz großer, langer Kerl, die hatten ja wirklich viel zu tun im Haus. Das war ja auch da drin ganz lange nicht gemacht. Der Baum war eigentlich auch gar nicht ihre Aufgabe. Und wenn das Dach kaputt gehen würde, das müsste dann der Hermann reparieren lassen, schließlich bekam der ja auch Geld.
Und trotzdem, obwohl so viel zu tun war, unser älterer Mann beobachtete manchmal mehr als die meisten es tun, und oft dachte er auch noch viel darüber nach. Manchmal war das schön. Zum Beispiel nachdem er gemerkt hatte, dass Musik von den Schallplatten viel besser klingt als von CD oder aus dem Computer. Da hatte er sich ja Platten gekauft und einmal hatte er dann noch richtig Glück mit dieser Sammlung. Aber manchmal war das auch sehr anstrengend. Zum Beispiel, wenn man beim Busfahren merkt, dass es jemand nicht gut geht. Es gibt so Leute, die können das oft irgendwie merken, wie es anderen geht, und unser älterer Mann gehörte da dazu. Und man konnte aber ja dann in so einem Bus gar nichts tun. Aber man merkte es ja trotzdem, ob man es nun wollte oder nicht. Und das war eben manchmal anstrengend.
Und so ungefähr war das auch mit dem Baum. Es war nämlich ein furchtbar heißer Sommer gewesen mit ganz lange kein Regen. Kein einziger Tropfen, den ganzen Sommer. Das war außerdem schon der zweite Sommer hintereinander wo das so war. Vielen Bäumen ging es da gar nicht mehr gut. Die hatten einfach zu wenig Wasser. Manchen Menschen machte das große Sorge, der Greta zum Beispiel. Die meinte, dass das was mit Flugzeugen und Autos zu tun hatte, dass es nicht regnete. Und deswegen ist sie nach Amerika lieber mit dem Segelschiff gefahren, obwohl das natürlich ganz lange gedauert hat. Dafür kam sie dann auch auf die Titelseite von einer Modezeitschrift und ganz viele Leute konnten lesen, dass die Greta sich Sorgen machte wegen des Klimas und dem unnötigen Kaufen von immer neuen Sachen, die man doch eigentlich gar nicht brauchte. Aber diese Geschichte führt ein bisschen weit weg jetzt von dem Baum, der Rotbuche, die im Garten von Hermann zu wenig Wasser hatte in diesem zweiten heißen Sommer hintereinander wo die drei Freunde voll damit beschäftigt waren, das Haus wieder bewohnbar zu machen.
Aber, der ältere Mann, der merkte das eben trotzdem das was nicht stimmte mit dem Baum. Das war nämlich so, dass man vom Fenster das Badezimmers, wenn man da, das ist jetzt ein bisschen peinlich, also wenn man da auf dem Klo saß, dann guckte man durchs Fenster halt direkt auf den Baum. Und da sah man dann, dass die Spitzen von den dicken Ästen, wo die dann immer kleiner werden zu Zweigen, da sollten ja eigentlich viele neue Blätter sein. Da war der Baum ja als letztes gewachsen, also ganz jung und frisch sozusagen. Aber da waren gar keine Blätter. Und die Zweige waren auch innen trocken, man konnte die ganz leicht einfach abbrechen.
Wie er sich das dann also genauer anschaute, fiel dem Mann auch auf, dass viele Blätter, weil Blätter hatte der Baum ja trotzdem noch, irgendwie so komische Pusteln hatten. Die guckten richtig aus den Blättern raus und waren hellrot. Das sah gar nicht richtig aus. Und für den Mann war das so ein bisschen wie im Bus, wenn es da einem nicht gut geht, er war sich dann bald recht sicher, dass es dem Baum nicht gut geht. Gar nicht gut. Obwohl er vorher nie einen Garten gehabt hatte und sich auch nie wirklich für Bäume interessiert.
Und wie er so nachdachte, da fiel ihm noch ein, irgendwann hatte er mal gehört, dass Bäume, wenn sie denken, dass sie bald sterben müssen, vorher noch ganz viele Früchte produzieren. Das können dann so richtige Früchte sein, wie Äpfel zum Beispiel. Da sind ja dann die Kerne drin, und daraus kann ein neuer Baum werden. Aber es können auch Nüsse sein, die kann man essen, aber auch daraus kann ein neuer Baum werden, wenn man eine Nuss in die Erde steckt und nicht in den Mund. Und die Buchen, die normalen und die roten, bei denen hieß das dann Bucheckern. Die sind so ein bisschen wie Nüsse, nur kann man die nicht so gut essen. Und davon hatte der Baum ganz viele gemacht. Viel zu viele, dachte der ältere Mann, der ganze Garten war ja voll damit. Obwohl schon so viele Blätter da rumlagen und die Bucheckern eigentlich auch noch recht klein sind. Das fiel dem Mann dann auch auf, während er dachte, dass es dem Baum nicht gut geht und ob das vielleicht mit der Krankheit an den Blättern zu tun haben könnte.
 
Auf jeden Fall fehlte dem Baum Wasser. Das war ja in diesem zweiten heißen Sommer sowieso jedem klar. Es fehlte einfach überall Wasser. Und also, obwohl die drei da im Staub im Haus so viel zu tun hatten mit Anstreichen, Saubermachen und Aufräumen, wie gesagt, eine ganz andere Geschichte ist das ja, der Mann ging jetzt jeden Morgen und jeden Abend noch extra zu dem Baum mit zwei Gießkannen voll mit Wasser. Irgendwie kam ihm das viel zu wenig vor, so ein großer Baum brauchte bestimmt viel mehr. Und es war auch komisch, wer gießt denn schon Bäume? Aber er hoffte halt einfach, dass diese vier Gießkannen, die zwei morgens und dann abends nochmal zwei, dass die vielleicht doch etwas helfen. Damit der Baum den heißen Sommer übersteht. Im nächsten Jahr könnte es dann ja vielleicht wieder mehr regnen, das war ja möglich. Für den älteren Mann war das so ein bisschen wie wenn jemand auf der Straße leben muss, solche Leute gab es ja auch. Dem gab er dann manchmal zwei Belchdukaten, obwohl er ja selbst nicht so viel Geld hatte. Das machte er besonders im Winter. Und wie bei dem Baum dachte er, damit änderte er ja eigentlich auch nichts. Und trotzdem hoffte er aber immer insgeheim, dass die zwei Blechdukaten dem Menschen ohne Haus irgendwie doch halfen. Der konnte sich dann vielleicht einmal bei einem Kaffee in einer Kaffebude etwas aufzuwärmen und so den kalten Winter besser überstehen. Vielleicht würde dann das nächste Jahr ja irgendwie besser. Das war ja auch möglich.
 
Wenn die drei Freunde dann nachts erschöpft von der vielen Arbeit im Haus schliefen, dann war das manchmal ein bisschen unangenehm. Da gab es nämlich ganz viele Mücken. Das waren aber so ganz kleine, die hatte der ältere Mann vorher eigentlich noch nie bemerkt. Das juckte, wenn die stechen, aber nicht so wie von den größeren Mücken, also die, die man hören konnte, wenn die einem um den Kopf schwirren. Von diesen kleinen Mücken hier, da gab es nicht so diese hellroten Pickel wie von den normalen Mücken. Die, die dann am nächsten Tag auch noch immer mehr jucken, wenn man dran kratzt. Wo man dann weiß, dass das eine Mücke war. Weil die eber eben fehlten, weil die Mücken ja kleiner waren, hatte es eine ganze Weile gedauert, bis der Mann das mit den Mücken verstanden hatte.
Und einmal, als er dann wach da lag, weil es ihn juckte, da dachte er, dass die großen Äste von dem Baum vielleicht ja auch nicht mehr so stark wären, weil es dem Baum ja nicht gut ging. Sein Zimmer war oben und von seinem Fenster konnte man so gut auf den Baum schauen wie aus dem Fenster des Badezimmers. Nur von weiter oben halt. Und während er vom Bett aus so aus dem Fenster auf den Baum schaute, dachte er, das wäre aber vielleicht gefährlich für das Dach, weil der Baum war ja schon viel höher als das Dach. Und mittlerweile wusste der ältere Mann auch, dass das Dach schon ganz alt war. Der Dachstuhl war schon ganz morsch. Der Dachstuhl, das hat so wenig mit einem Stuhl zum Sitzen zu tun wie eine Buche mit einem Buch zum Lesen. Das sind einfach die vielen Holzbalken und die ganzen kleinen Holzlatten, die dann die Dachziegel tragen. Das sind diese kleinen viereckigen Dinger aus Ton, die man immer von außen auf den Dächern sehen kann. Meist so braunrot, aber manchmal sind sie auch schwarz oder sogar blau. Die liegen so übereinander, da läuft dann das Regenwasser ab. Und weil das Haus eben schon so alt war, so lange leer gestanden hatte und der Dachstuhl, also die Balken da oben, schon morsch, das wäre aber etwas anderes, wenn da bei einem starken Wind mal so ein dicker Ast reinkracht. Da wären dann wahrscheinlich nicht einfach nur so ein paar von den Dachziegeln kaputt. Die konnte man nämlich recht leicht austauschen. Und der Hermann, der hatte im Keller in der Werkstatt natürlich ein paar Dachziegel rumliegen als Ersatz. Aber bei den morschen Balken da oben, da würde am Ende vielleicht der ganze Dachstuhl einfach zusammenstürzen. Und ob der Hermann dann genug Geld hätte, um das alles wieder zu reparieren? Das konnte man nämlich nicht alleine selber machen. Da brauchte man Zimmerleute. Und wie bei der Buche und dem Buch, und dem Dachstuhl und dem Stuhl, Zimmerleute hatte aber auch rein gar nichts mit einem Zimmer zu tun. Die waren nicht billig, diese Zimmerleute, weil die waren ja Experten. Nicht auszudenken wenn der Hermann dann nicht genug Geld dafür hätte! Dann wäre das schöne alte Haus mit dem großen Garten mit den Terrassen und dem Teich am Ende ja vielleicht nie mehr bewohnbar. Vielleicht würde es sogar ganz abgerissen.

Ja, und weiter ist die Geschichte bisher noch nicht gekommen.
Schauen Sie einfach wiedermal vorbei, wenn es Ihnen bis hier hin gefallen hat!
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