Die guten Nachrichten vornweg:
Cover halten erheblich mehr aus, als man denken würde.
Kellergeruch ist meist recht leicht zu reduzieren, sogar wenn die Cover verschimmelt sind.
Die Einschränkung:
Amerikanische Cover sind erheblich gefährdeter für Farbabrieb und deswegen schlechter zu reinigen. Sind sie laminiert, taugt die Laminierung meist nicht so viel.
Dass sich Folierung löst, kenne ich bei europäischen Ausgaben fast nur von Platten des Ohr-Labels, beispielsweise dieser.
Ich habe mit dem Reinigen so meine Erfahrungen. Besonders zwei Sammlungen waren extrem:
Die eine stammte aus einem Hühnerstall, alles war verschimmelt.
Die andere, von der erzähle ich Ihnen eine etwas längere Geschichte hier.
Aus der letzeren sind mir drei Platten mit Kultstatus geblieben: "Magic Mixture", die sagenumwobene "Singvögel rückwärts" mit Uschi Obermaier und die "Jacob's Creek".
In allen drei Fällen waren die Cover leider unrettbar verloren. Ich habe mir Bilder aus dem Netz geladen und ausgedruckt, dann auf alte Cover aufgeklebt. Und habe diese Scheiben also jetzt hier aus erster Hand in einem Zustand, in dem Sie die nicht ohne weiteres bekommen dürften. Für gar kein Geld der Welt. Nicht, weil die nicht im Angebot wären, sondern weil bei Zustandsbewertungen teurerer Platten leider schlichtweg gelogen wird, dass sich die Balken biegen. Die erste Ash Ra Tempel beispielsweise, ein audiophiles Meisterwerk aus dem Hause Conny Planks, die habe ich jahrelang gejagt.
Kurzum, das Aufarbeiten lohnt sich.
Die Beispielbilder hier sind eher schlechte Beispiele. Das ist mir bei anderen Platten erheblich besser gelungen.
Aber als ich die oben genannten Sammlungen aufgearbeitet habe, gab es die Idee für diesen Blog noch nicht und ich habe also leider nichts dokumentiert.
Wenn ein Cover laminiert und in Europa hergestellt ist, kann man es jedenfalls meist auch bei starken Anhaftungen komplett freilegen.
Manchmal klappt das sogar bei unlaminierten Covern, und auch bei amerikanischen.
Das war so bei der Morning Dew, der wertvollsten Platte, die ich bisher verkauft habe.
Wäre die nicht so ultra viel wert gewesen, ich hätte sie aus Kultgründen wohl behalten. Musikalisch fand ich die aber eher schwach, ein bisschen wie die Jacob's Creek. Nur das letztere ohne Cover eben praktisch wertlos ist und als Schmucktück uns hier aber gut ins Bild passt.
Das hier ist also ein unlaminiertes amerikanisches Cover. Hätte ich weiter gearbeitet, ich hätte die Oberfläche zerstört.
Aber immerhin, man kann die Dame jetzt mit ihrem verzweifelten Lächeln gut erkennen, die Dame, die es übrigens wirklich gab.
Aber das gehört, wie der Hintergrund, wo ich erst recht spät überhaupt gesehen habe, was das für ein sagenhaftes Arrangement ist, das ist ja alles vor Photoshop, eher in die Sparte des Vinylmuseums.
Ich fand übrigens anfangs das Reinigen von Covern etwa so abstrus wie Platten zu waschen oder neue Innenhüllen. Oder gar Schutzhüllen. Ich komme ja aus der Zeit, wo Platten Alltagsgegenstände gewesen sind, damals, als die Welt noch jung war.
Heute sind das schlichtweg unwiederbringliche Antiquitäten. Das meiste wird nie nachgepresst werden, und warum viele Nachpressungen einfach Mist sind, selbst wenn das Vinyl was taugt, erkläre ich hier.
Das Fazit lautet so:
Auch ein vermeintlich sauberes Cover gewinnt ungemein, wenn man es reinigt. Laminiert oder unlaminiert, die Farben werden einfach viel schöner. Der Unterschied ist geradezu verblüffend, eben wie beim Waschen.
Dass der Klang durch Waschen immer erheblich verbessert wird, scheint mir heute auch bei Neupressungen offenkundig. Warum bei Covern die Farben danach einfach viel schöner hervortreten, erklärt sich mir hingegen nicht ganz zwanglos. Es ist mir auch schnurzpiepe. Ich reinige Cover. Immer. Auch bei einer Drei-Euro-Platte, die mit einem Konvolut versteigert wird.
Wichtig ist, dass Sie die Cover wirklich gut trocknen lassen.
Das dauert, je nach Wetterlage, Ort und Jahreszeit. Sie brauchen also Platz oder geduldige Mitbewohner.
Das Vorgehen:
Wie bei allem gibt es da eine Menge Voodoo im Netz. Und jeder weiß es natürlich besser.
Ich weiß es jedenfalls nicht besser. Ich mache es so wie hier beschrieben, und die Ergebnisse sind gut.
Und weil das Bessere der Feind des Guten ist, und für mich die Jagd danach das Symptom einer kranken Gesellschaft, reicht mir das also so.
Normale Reinigung:
Eimer, Spüli, Schwammtuch, fertig.
Dabei wische ich alle Flächen zwei Mal. Nicht mit viel Druck, aber eben zwei Mal, kurz hintereinander. (Also nicht etwa einweichen lassen.) Beim zweiten Mal kommt einfach ein anderer Schmutz herunter, ganz so wie beim Plattenwaschen.
Anhaftungen:
Man muss schauen, was genau es ist. Manchmal ist es nur Papier. Manchmal ist es die Folierung einer anderen Platte. Manchmal, wie auf den Bildern, ist die Farbe der andere Platte übertragen. Das geht dann, wenn überhaupt, nur weg, wenn die zu reinigende Platte foliert ist.
Anhaftendes Papier muss etwas eingeweicht werden. Dafür tropfe ich nach und nach etwas Spüliwasser darauf und teste halt immer mal wieder, wie es sich bei Reibung verhält. Meist gibt es einen Punkt, wo es gut weggeht, ohne dass es ringsherum schon zu stark eingeweicht wäre. Manchmal geht es nur schichtweise, je nachdem, wie das anhaftende Papier strukturiert ist.
Ich mache das, vorsichtig und mit viel Geduld, mit der grünen Seite eines normalen Spülschwamms.
Bei anhaftender Folierung und/oder Farbe ist es im Prinzip genauso, nur das Einweichen hier halt wenig bringt. Hier ist die vorsichtige Reibung mit dem Schwamm der entscheidende Faktor.
Tja, und wenn Farbe übertragen wurde, man muss es halt versuchen.
Geruch:
Nikotingeruch reduziert sich durch das Reinigen meist schon erheblich. Der Rest lüftet dann mit der Zeit weitesgehend aus. Also für mein Empfinden. Militante Nichtraucher sehen das sicher ganz anders.
Kellergeruch bleibt, vor allem bei Platten mit Stockflecken oder gar Schimmelbefall. Das geht einfach tiefer in die Pappe, und wenn es innen ist, da kommt man halt ohnehin nur sehr schlecht dran.
Wunder wirkt hier das Einfrieren über Nacht, der Geruch ist dann meist zumindest erheblich weniger.
Auch hier habe ich keine Ahnung, wieso. Ich mache es so, und das Ergebnis ist ... eben: gut!
Entfernen von Aufklebern:
Da gibt es natürlich auch allerlei Rezepturen und teure Mittelchen.
Ich habe eins, das darf man nur im Freien verwenden, sprich, das ist Gift. Und funktioniert nicht besser, als die hier beschriebene Vorgehensweise.
Bei meinen eigenen Platten lasse ich übrigens immer alles dran. Ich bin ja sowas wie ein Konservator, und man würde ja auch bei einer phönizischen Amphore nicht die nachträgliche Glasur der Römer entfernen, um den Originalzustand wiederherzustellen.
Platten sind für mich einfach Unikate mit einer Geschichte. Ein Aufkleber mit einem Index ist für mich also ebenso Teil der Geschichte wie der Preisaufkleber von Karstadt. Oder von einem Laden, den es gar nicht mehr gibt, WOM oder 2001 zum Beispiel.
Aber bei teuren Platten, die ich wieder verkaufen möchte, habe ich das Entfernen natürlich ausprobiert. Das steigert ja den Wert. Benutzt dazu habe ich zunächst jenes Spezialzeugs auf das ein Vinylbekannter unendlich schwört.
Ja, das geht. Manchmal, nicht zuverlässig und oft mit Farbverlust des Covers, vor allem bei unlaminierten.
Und es stinkt!
Und das Zeug ist eben giftig.
Ein anderer Vinylbekannter schrieb mir, man könne alle Aufkleber mit einem Fön entfernen.
Ich habe das offen gestanden für richtigen Quatsch gehalten, aber wie Sie sehen, das geht, zu meiner Überraschung meist recht schnell und oft problemlos. Und vor allem: ohne Gestank!
Mit ein bisschen Übung geht das mitunter sogar ganz rückstandslos. Ganz selten mal mit einer kleinen Beschädigung oder manchmal bleibt halt etwas Kleber zurück. Da hilft dann das Stinkezeug richtig gut.
Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich mich richtig getraut habe.
Die Grundregel lautet:
Heißer und länger als Sie denken draufhalten.
Spannend war hier übrigens für mich, dass der Mensch, von dem diese Platte stammte, sein Sortierungssystem wohl über die Jahrzehnte drei mal geändert hat, es waren drei Aufkleber übereinander, jeweils mit Index.
Das war ein bisschen wie eine archäologische Ausgrabung, wie viel Zeit man sich doch mit seinen Platten beschäftigt hat!
Aber, um das spannend zu finden, muss man dann wohl doch ein richtiger Vinylfreak sein.
Haben Sie das hier vielleicht gern gelesen?
Dann empfehlen Sie mich doch bitte weiter, ich werde nämlich gern gelesen!
-vinylfreak
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