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vinylfreak

QUEEN "A NIGHT AT THE OPERA"

Updated: Apr 22, 2023

Das geht jetzt nicht ohne ein Vorwort, weil an dieser extrem wichtigen Weltklasse Platte lässt sich einiges aufzeigen zu Vinyl, Studioarbeit und Toningenieuren, aber auch von dem, was ich grundsätzlich für audiophil halte.

Und von der elendigen Verhunzung von Meisterwerken durch Remastern.

Queen "A Night at the Opera"

Eine gute Studioarbeit bedeutet natürlich zunächst mal eine saubere Tonabnahme.

Im digitalen Zeitalter finden wir das häufig gut gemacht, das ist ja sozusagen leicht:

Schlagzeug einstöpseln, Klang wählen.

In der analogen Zeit war die Tonabnahme eine hohe Kunst. Und zwar angefangen damit, wie das Studio selbst baulich ausgestattet war, der Klang im Raum.


Stellen Sie sich ein Schlagzeug vor, das in einem leeren Hallenbad steht, ganz unten im Sprungbecken. Und eines, das gleiche Schlagzeug, wie es in einer Gummizelle aufgebaut ist. Und da stellen Sie jetzt an die Becken und die Trommeln jeweils ein Mikro und nehmen das mal ab.

So haben Sie also ein plastisches Bild davon, warum ein Studio wie "Rockfield" -völlig unabhängig von Band und Toningenieur- einen bestimmten Klang hatte.


Völlig unwissend und unbewusst habe ich "Rockfield Platten" ganz unabhängig von Band und Genre früher immer gern gehört, das weiß ich aber erst heute. Mir gefiel da im Rückblick einfach der Klang. Aus der Doku weiß ich jetzt -möglicherweise- welches Geheimnis mich da wohl zusätzlich verzaubert hat:

Die hatten außerhalb des Aufnahmeraumes noch ein Mikro auf dem Gang postiert. Das hat also quasi den Soundbrei aufgenommen, der nach außen drang. Und das haben Sie dann der Aufnahme zusätzlich untergemischt!

Ähnlich wie die Datenreduktion bei CDs durch Beschneidung der Frequenzen außerhalb des Hörbereiches, natürlich kann man das nicht hören. Aber wahrnehmen kann man es, offenbar in beiden Fällen.


Feinhören ist wie Feinschmecken:

Ein ganz leise eingesetztes Gewürz schmeckt man vielleicht nicht heraus. Keiner weiß, wie eigentlich Wacholderbeeren schmecken. Aber wenn sie nicht in der Soße sind, dann fehlt etwas.

Und die Queen "Night at the Opera" ist also eine hervorragende Platte zum Feinhören (Lernen).


Das geht so:

Kaufen Sie sich eine frühe Ausgabe, eine CD und die Vinyl-Neuauflage aus diesem Jahrtausend.


Da stellen Sie dann im Vergleich von CD und ursprünglicher Platte unschwer fest, wie in der "remasterten" Ausgabe der Freddy Mercury nach vorn geholt wurde und zum Frontmann erklärt. Auf der originalen Aufnahme ist das aber nicht so. Da ist er nämlich Teil der Band, ein weiteres Instrument sozusagen. Mal lauter, mal leiser, eingewebt in den Klangteppich wie eine Gitarre, die halt auch mal ein Solo spielt. Indem man ihn nach vorn geholt hat, verliert die Gesamtkomposition ihren Zusammenhalt. Als würden Sie den blauen Faden aus einem Perserteppich ziehen und dann oben drauf kleben.


Die Neuabmischung für die wiederveröffentlichte Vinylscheibe lehnt sich an diese Version natürlich an. Ich sage natürlich, weil das machen heute ja meist junge Leute mit völlig anderen Hörgewohnheiten. Wobei ich davon ausgehe, dass die das Original auch schlichtweg nie gehört haben. (Die mit viel Aufwand nachgemischten Pink Floyd sind da ein vergleichbar beklagenswertes Beispiel.)


Die neu aufgelegte Platte hat aber weitere klangliche Probleme, die sich in Worten nicht so gut fassen lassen: Die (offenbar) digitale Neuabmischung macht den Klang kristallklar. In gewisser Weise hört man mehr Details. Etwa wie bei der Digitalisierung eines 50er-Jahre schwarz-weiß Films: Alles wird brilliant, und dabei geht etwas verloren.


Das zweite, und damit sind wir dann endlich auch bei der originalen Platte selbst, das Volumen wird heutzutage geglättet. Vormals kaum wahrnehmbare leise Klänge werden angehoben, Lautstärkespitzen gekappt.

Ich habe mir erklären lassen, dass das eben nicht nur mit den Hörgewohnheiten zusammenhängt, sondern mit Algorithmen. Der Algorithmus von Spotify bevorzugt eben das, was häufig geklickt wird, und das ist der moderne Soundbrei mit der immer gleichen Lautstärke und mit wenig Dynamik. Dem nähert man sich also beim Neuabmischen an, bewusst wie unbewusst.


Die originale Version dieser Platte hört dabei nie auf, mich zu faszinieren. Es steckt so unfassbar viel Kleinarbeit drin in der Abmischung, jeder Song enthält mindestens ein völlig überraschendes Moment.

Dazu kommt, dass es eben alles "echte" Klänge sind. Mitunter entfremdet mit den analogen Mitteln der Zeit, aber dem Ursprung nach echt. Auch das, so meine ich, kann man hören: Geigen aus dem Synthesizer wie bei der eher kläglichen "Perfect Strangers" der wiedervereinten Deep Purple haben nichts gemein mit echten Instrumenten. Das ist wie künstlicher Geschmack im Joghurt: Schmeckt ganz gut, solange man den Vergleich zum echten nicht kennt.


Was ich sonst noch schätze ist die Verspieltheit insgesamt, und dass es eben eine echte Konzeptplatte ist. Da machen manche Stücke einzeln recht wenig Sinn, "I'm in Love with my Car" beispielsweise nicht. Im Kontext ist das Lied aber eben hervorragend eingebettet, halt wie in der Oper, eine völlig andere Stimme und ein völlig anderer Charakter tritt auf.

Das Stück halte ich übrigens obendrein (anders als im wie üblich geschichtsverzerrenden Film) für eine Persiflage. Und zwar vom Deep Purple Song "Highway Star". Belegen lässt sich das freilich nicht.


Es wurde damals aber insgesamt viel zitiert, interpretiert und "gecovered", anders als heute offenbar mit Spielfreude und einvernehmlich. Ein Beispiel wäre die großartige Sweet Smoke. Oder, jüngst zu mir gelangt, Virus "Revelation", hören Sie sich das mal an!

Ob ich es aber schaffe, das alles zusammenzutragen in einem Eintrag "Zitate", ich weiß es noch nicht. Da gehören einfach Sachen rein, die mir jetzt nicht so unmittelbar einfallen.

Aber Sie können sich gern jetzt schon mal für die Interpretation der Deep Purple von "Help" interessieren, erst da macht nämlich die Musik und der Text einen Sinn. Oder mit der unglaublich guten Interpretation von "Day Tripper" durch Whitesnake, seinerzeit bis auf Richie Blackmore übrigens, nicht zufällig, die Deep Purple Besetzung. Ian Pace war einfach ein hervorragender Schlagzeuger. Whitesnake ist halt mit David Coverdale statt mit Ian Gillan. Ich bewundere letzteren noch immer für die Stimmleistung, die sich auf der "Made in Japan" beweist. Und ersteren liebe ich -trotz der total beschissenen Abschiedstour 2022- noch immer abgöttisch.


Zurück zur Platte:

Kaufen Sie sich eine frühe Ausgabe in guter Qualität.

Queen war zu Beginn keine Pop-Band mit einer leuchtenden Identifikations-Ikone mit schiefen Zähnen, und die Platte ist vom Ideenreichtum, der Aufnahmetechnik wie der Abmischung bis heute ganz oben im Himmel der Audiophilie.

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